GrünRot für München: Ökologie, Ökonomie und sozialer Zusammenhalt bedingen sich

“Eine konsequente Verkehrswende kann nur mit und nicht gegen die Autoindustrie gelingen”, so begann ich im Münchner Stadtrat im Januar meine Rede zur IAA und dem geplanten städtischen Mobilitätskongress. Als ich dann auch noch ohne Scham gestand, dass Vertreter von BMW häufig in den letzten Jahren in der grünrosa Stadtratsfraktion zu Gast waren, erntete ich auf Twitter fast einen Shitstorm der Partei Die Linke.
Bei meiner Haushaltsrede im Dezember, traditionell die politische Grundsatzrede im Stadtrat, antwortete ich auf den Vorwurf der Klientelpolitik (zugegeben nicht ganz unironisch zugespitzt):
“Man könnte sogar behaupten, wir würden Klientelpolitik für BMW machen. Denn BMW will die autofreie Innenstadt, die Umwandlung von öffentlichen Parkplätzen für Elektro-Car-Sharing, den S-Bahn-Nordring und die City Maut. Das alles wollen wir auch.”

Ob die ökologische Transformation gelingt, entscheidet sich in Großstädten wie München. Und wenn sie scheitert, leidet die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft und der soziale Zusammenhalt steht in Frage – denn Arbeitsplätze würden wegfallen und die zur Finanzierung der sozialen Infrastruktur notwendige Gewerbesteuer würde einbrechen. So einfach ist das.
Aber gerade in einer Stadt mit solchem Potential wie unserer kann dieser Wandel zu einer vorbildhaften Success Story werden.

Politik bedeutet, sowohl in langen Linien denken als auch aktuellen Herausforderungen gerecht werden.

Als eine Zeitung zum Jahresende  die Vorsitzenden der drei großen Fraktionen zum Jahresende fragte, was München 2021 als Allererstes anpacken müsste, sagte ich: “Natürlich müssen wir weiter die Folgen der Corona-Pandemie bewältigen. Vor allem müssen wir die, die sozial geschwächt sind …, auffangen”. 

Fight every crisis: Wenn die Corona-Krise und ihre Folgen jetzt im Mittelpunkt der Politik steht, vergessen wir natürlich nicht die andere, uns vielleicht länger beschäftigende Krise: den Klimawandel.

Und genau diesen Herausforderungen entspricht ja auch unsere gemeinsame grünrote Rathauspolitik: die soziale Infrastruktur erhalten und wo nötig stärken in schwierigen Zeiten, mit verschiedenen Maßnahmen (und auch Schanigärten, Sommer in der Stadt und die Unterstützung selbstständiger Künstler*innen gehören dazu) bedrohte Wirtschaft unterstützen – aber auch gleichzeitig in die Zukunft denken und kraftvoll in bezahlbares Wohnen, Verkehrswende und Klimaschutz investieren (mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich).

Wir müssen all das machen. München auch zukünftig sozial gerecht, wirtschaftlich stark und ökologisch mit hoher Lebensqualität für alle Menschen gestalten, geht nur, wenn man diese Aspekte als Einheit und nicht als antagonistische Gegensätze sieht.

Und wir Grüne glauben eben, dass ein grünrotes Bündnis zur Verwirklichung dieser Ziele die beste Voraussetzung ist. 

Denn beide Parteien haben sehr klar in Wahlprogramm, Wahlkampf und Koalitionsvertrag die Ziele bezahlbares Wohnen und sozialer Zusammenhalt, klimaneutrales München und kraftvolle Verkehrswende in den Mittelpunkt gestellt.

Ich zitiere zur angeblich so umkämpften Verkehrspolitik das SPD-Wahlprogramm: 
“Trotzdem sind noch zu  viele mit dem Auto unterwegs …. Probleme wie zu hoher, auch klimarelevanter Schadstoffausstoß, aber  auch der nicht mehr stadtverträgliche Flächenbedarf des Individualverkehrs zeigen uns klar  die Richtung: Wir brauchen eine echte Verkehrswende, wenn die sprichwörtliche Lebensqualität in unser wachsenden Stadt erhalten bleiben soll. Wir wollen eine autoreduzierte, umweltfreundliche, also emissionsfreie und flächeneffiziente Mobilität, die die gleichberechtigte Teilhabe aller Münchnerinnen und Münchner ermöglicht, bezahlbar ist, den Münchner Wirtschaftsbetrieben eine Zukunft gibt und Münchens  Lebensqualität sichert. Wir unterstützen das städtische Ziel, dass bis 2025 80 % des Verkehrs in der Stadt durch  umweltfreundliche Mobilitätsformen – also zu Fuß, mit ÖPNV, Fahrrad sowie emissionsfreie  Autos, auch in Form neuer Mobilitätsangebote – abgewickelt wird. Niemand in unserer Stadt  soll auf ein eigenes Auto angewiesen sein. Alle Orte in unserer Stadt werden barrierefrei,  komfortabel und günstig mit umweltfreundlichen Mobilitätsformen erreichbar sein.”
“Beginnend mit ersten Schritten in der Altstadt, verfolgen wir das Ziel einer autofreien Innenstadt. Darunter verstehen wir langfristig die Umgestaltung der Innenstadt über die Altstadt  hinaus als weitgehend autofreies, für Fuß- und Radverkehr sowie zur alltäglichen Nutzung  neu gewonnenes Zentrum unserer Stadt. Wir gewinnen Freiraum für alle und beschränken  den individuellen Gebrauch unseres Stadtzentrum für private Autofahrer*innen zugunsten  anderer Nutzungsarten.”
“Wir  stehen hinter den Forderungen des Radentscheids München und werden die Forderungen  konsequent umsetzen”. 

Klingt für mich nicht nach einer Autofahrerpartei und auch die ganz aktuelle Aussage der SPD-Fraktionsvorsitzenden Anne Hübner erweckt in mir nicht diesen Eindruck: “Für mich sind eine autofreie Altstadt, autoreduzierte Innenstadtbezirke, mehr Fußgängerzonen (fangen wir gerne in der Weißenburger Straße an!) ein flächendeckendes Radlnetz und ein arbeitsfähiger Wirtschafts- und Industriestandort kein Widerspruch.”

Beim Klimaschutz (und die Verkehrswende ist natürlich eine zentrale Klimaschutzmaßnahme) gilt dasselbe. Gemeinsam haben wir mit der SPD schon in der letzten Wahlperiode das Ziel eines klimaneutralen Münchens bis 2035 beschlossen. Jetzt gilt es hier gemeinsam noch kraftvoller zu handeln.

Natürlich wird es in dieser Politik für ein ökologisch vorbildliches, ökonomisch erfolgreiches und sozial gerechtes München auch innerhalb der Koalition immer wieder Meinungsverschiedenheiten und gar – wir sind doch auch nur Menschen – Proflierungsraufereien, Eitelkeiten, Empfindlichkeiten und Befindlichkeiten geben. Dies aber nicht, weil wir in den Zielen grundsätzlich divergieren oder sich jeweils nur für einen Ausschnitt der Politik interessieren, sondern gerade weil wir beide Vollsortimenter und vom Anspruch her Volksparteien sind, die dem anderen halt manchmal ein bestimmtes Terrain nicht so leicht überlassen wollen – und sich bisweilen auch beim besten Weg und der richtigen Geschwindigkeit zum gleichen Ziel unterscheiden.

Wir wollten ja immer koalieren, nie fusionieren.

Und natürlich: Wir machen weiter.

Für München.